· 

Gedanken zum Thema Sucht

Wer kennt nicht mindestens einen Menschen in seinem näheren Umfeld, der von irgendeiner Sucht bzw. Abhängigkeit betroffen ist?
 
Aber wie definiert sich eigentlich der Begriff „Sucht“ verbunden mit dem Begriff „Abhängigkeit“?
 
Als Sucht bezeichnet man das zwanghafte Verlangen nach bestimmten Substanzen oder Verhaltensweisen. Die Substanzen oder Verhaltensweisen werden konsumiert oder beibehalten, obwohl negative Konsequenzen für die betroffene Person und für andere damit verbunden sind.
 
Bei einer Abhängigkeit besteht ein starker Wunsch, eine psychoaktive Substanz zu sich zu nehmen. Dabei kommt es zu einem Kontrollverlust über die Menge und das Ende des Konsums. Trotz eindeutig eingetretener körperlicher, psychischer und sozialer Folgeschäden kommt es zu einer Fortführung des Konsums. Dabei werden andere Vergnügungen und Interessen zugunsten des Konsums der psychoaktiven Substanz vernachlässigt.
 
Klingt wirklich übel, oder? Wer selbst nicht süchtig ist, kann es wahrscheinlich auch nicht nachempfinden, was das mit einem macht. Natürlich werden süchtige Menschen oft direkt in eine Schublade gesteckt und es entsteht ein Bild von einem „verwahrlosten“ Menschen im Kopf. Aber wichtig sollte immer zuerst die Frage sein, wie es wohl dazu gekommen ist? Aber wie bei vielen unangenehmen Themen wird diese Frage wahrscheinlich sehr oft vermieden, weil ja jeder seine eigenen Themen und Herausforderungen hat – und es sicherlich einfach zu anstrengend ist, hinter diese Fassade zu schauen. Klar gibt es dafür professionelle Fachkräfte, die das leisten können, was ein Angehöriger nicht dauerhaft leisten kann. Aber hat man einen Menschen sehr lieb, möchte man es natürlich selbst schaffen, mit ihm / für ihn seine Sucht zu überwinden bzw. auszuschalten. Ich selbst habe gefühlt jahrzehntelang viel meiner eigenen Lebenszeit investiert, um diesen Wunsch / dieses Vorhaben in die Tat umzusetzen. Aber durch ein lebensveränderndes Ereignis – die Geburt meiner Tochter – musste ich dann doch schmerzlich erkennen / erfahren, dass ich das alles nicht mehr leisten kann! So sehr ich es mir auch immer sehnlichst gewünscht habe, denn ich schaffe meistens vieles von dem, was ich mir fest vorgenommen habe …
 
Im ersten Moment war ich furchtbar wütend auf diesen Menschen, warum er mir und meiner Familie das immer und immer wieder antut und es einfach nicht aufhört – egal, was man alles schon versucht hat! Und ich verfluchte ihn, dass wir nicht einfach mal glücklich leben können mit unserem kleinen Sonnenschein-Baby. Dann wandelte sich diese unbändige Wut und die eigene Erschöpfung in Bezug auf das Thema um in das Verständnis, dass derjenige nichts dafür kann, weil alles eine Ursache hat. Und die sollte man erst einmal ergründen, bevor man jemanden fallen lässt oder verteufelt. Ich habe mich eingehend mit dem Thema beschäftigt in den letzten Jahren – ach was sag ich: Jahrzehnten! Vor allem aber wurde das Thema in den letzten Monaten wieder viel präsenter, weil dieser Mensch haarscharf dem Tod von der Schippe gesprungen ist – und natürlich war dies auch eine Ursache für diese furchtbar lähmende Situation!
 
Jedes Mal, wenn mich dieser Mensch wieder enttäuschte, fragte ich mich, warum ich eigentlich immer noch mit ihm rede und zu tun habe – nachdem, was alles vorgefallen ist. Das Schlimmste an der ganzen Sache war für meinen Mann und mich immer das Anlügen. Egal, wie oft wir gesagt haben „Wir akzeptieren alles, solange Du uns nicht weiter anlügst“, es ist dann doch immer wieder passiert und jedes Mal riss es uns erneut den Boden unter den Füßen weg …
 
Und wenn man dann mit anderen drüber spricht, weil es einfach mal raus muss und weil man auf Verständnis dahingehend hofft, bekommt man meistens gesagt: „Na dann lass ihn doch sein – er interessiert sich sowieso nicht dafür, wie es dir geht“! Ähem ja dankeschön für diesen wunderbaren „Ratschlag“, was dann für mich auch immer direkt ein „Schlag“ ins Gesicht ist. Deshalb verwende ich niemals mehr diesen Begriff, sondern oft nur „Hinweis“ oder „Tipp“ oder ähnliches. Wie soll man denn eine solche Sache in ein paar Sätzen einfach und plausibel erklären, warum man was wie macht. Da hängen ja ganze Leben und Existenzen dran, da ist so viel passiert über all die Jahre. Ich kann immer nur sagen: Hört auf euer Herz und wenn es euch sagt, dass ihr den abhängigen Menschen weiter gern haben und unterstützen wollt, dann tut es! Unterstützung heißt an dieser Stelle für mich, die Verantwortung endlich abzugeben und denjenigen in professionelle Hände zu geben. In erster Linie sollte man aber den Willen des Menschen respektieren. Möchte er es wirklich selbst oder will er es nur für die anderen schaffen?
 
Ich hoffe auf mehr Verständnis & Mitgefühl von außen – sowohl als Betroffener als auch als Angehöriger. Habt Euch untereinander lieb und zeigt doch einfach mal, dass es Euch nicht egal ist, wie es dem anderen geht. Ihr ahnt gar nicht, was das für ein großes Potenzial in sich birgt. Und hört endlich auf damit, anderen Vorwürfe für dies, das & jenes zu machen! Liebe, Vergebung und Dankbarkeit sind der Schlüssel zu einem glücklichen, liebevollen und vor allem wertfreien Umgang miteinander.
 
DANKE & eine liebevolle Umarmung an alle

Kommentar schreiben

Kommentare: 2
  • #1

    Kafasiti (Donnerstag, 30 Mai 2024 22:35)

    Danke für deine Offenheit ....

    Viel Kraft an ALLE Betroffenen und Angehörige ♡

  • #2

    Mit Herz in die Welt (Freitag, 31 Mai 2024 11:24)

    Danke, dass es Dich gibt und Du ein Mensch bist, der immer ein offenes Ohr für uns hat … Wir haben Dich / Euch unglaublich lieb!